Die FIFA und Katar versprechen die erste klimaneutrale Fußball-Weltmeisterschaft der Geschichte. Für den Versuch, die Großveranstaltung inmitten des Wüstenstaates als Klima-Vorzeigeprojekt zu verkaufen, hat der Deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbz) die FIFA nun wegen Greenwashing abgemahnt.
Irreführende Behauptungen
Zur Begründung führt der vzbz an, dass Behauptungen wie “vollständig klimaneutrales FIFA-Turnier“, „energieeffiziente Stadien“ oder „emissionsarme Transportmittel“ weder konkret genug, noch hinreichend belegt sind. Solche und weitere irreführende Äußerungen muss die FIFA künftig unterlassen.
Fragwürdiger CO2-Kompensationshandel hält den eigenen Kriterien nicht stand
Katar setzt bei der Umsetzung des gewagten Ziels ausschließlich auf CO2-Kompensation. Nach Angaben der FIFA werden im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 insgesamt 3,6 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Sie entstehen unter anderem durch den Bau von Stadien und Infrastruktur und berücksichtigen auch die Flugreisen der Fans.
Diese Emissionen wollen die FIFA und die katarischen Gastgeber mit Hilfe der in Katar gegründeten Organisation namens Global Carbon Council (GCC) kompensieren. Dazu werden Emissionsgutschriften von Klimaschutzprojekten gekauft, die nachweislich CO2 einsparen. Unternehmen können ihre Projekte einreichen und erhalten nach einer Prüfung durch den GCC ihr Zertifikat.
Aktuell warten fast 600 Projekte beim GCC auf eine Zulassung. Meist handelt es sich dabei um Solar- oder Windparks, vorwiegend in Indien, der Türkei und China. Bisher haben die katarischen WM-Organisatoren über den GCC allerdings nur Zertifikate von drei Klimaschutzprojekten gekauft.
Bei einem der auserwählten Klimaschutzprojekte handelt es sich um einen Windpark in Serbien, den ein österreichisches Unternehmen eingereicht und ein Gutachter aus Bayern geprüft hat. BR-Recherchen haben nun allerdings ergeben, dass dieser Windpark offenbar nicht die selbst gesetzten Kriterien des GCC erfüllt. Dazu kommt, dass sowohl der Projektentwickler als auch der bayerische Gutachter im Lenkungssauschuss des GCC sitzen.
Doppelbesetzungen, mangelnde Transparenz hinsichtlich diverser Geldströme und erhebliche Interessenskonflikte lassen die Qualifikation der Projekte und die Erfolgsaussichten des gesamten Kompensationsprogramms mehr als zweifelhaft erscheinen.
“Kompensation” und “Klimaneutral” sind zwei verschiedene Paar Schuhe
Grundsätzlich kann den Bemühungen Katars zugutegehalten werden, dass jede neutralisierte CO2-Emission besser ist, als jede nicht kompensierte Produktion klimaschädlicher Gase.
Im derzeitigen Stadium ist das globale CO2-Konto allerdings derart überzogen, dass Projekte dieses Ausmaßes nicht durch bloße Kompensation tragbar sind. Aktuelle Entwicklungen legen eigentlich nahe, dass schnellstmöglich und mit allen Mitteln auf das CO2-Konto eingezahlt werden muss.
Das Beispiel Katar veranschaulicht außerdem, dass ein ressourcenschonender Ansatz im Vergleich zu einer nachträglichen Bilanzierung immer vorzugswürdig ist: In Katar ist der Schaden bereits verursacht – kompensiert wurde bisher wenig bis gar nichts.
Greenwashing – Katar vermeidet Vermeidung
Das Kompensationsprogramm von Katar und der FIFA erweckt den Eindruck, dass es dabei nicht um eine nachträgliche Wiedergutmachung geht, sondern mehr zur Rechtfertigung dafür dient, ungeniert eine enorme Masse an Ressourcen zu verschwenden. Anstatt sich im Vorfeld mit der Vermeidung von CO2 auseinanderzusetzen, wird der Maßlosigkeit im Nachgang ein grüner Stempel aufgedrückt.
Damit ähnelt das Kompensationsprogramm der Fußball-Weltmeisterschaft einem sinnlosen Ablasshandel, mit dem sich die FIFA und Katar selbst ein Umweltverschmutzungsrecht einräumen und zusätzlich auf Kosten der Natur Imageverbesserung betreiben.
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